Douala/Kamerun: Skandal auf der M/S „Asahi"
19 Monate an Bord festgehalten
Ramon sucht Hilfe im „Foyer du Marin“
Neunzehn Monate festgehalten an Bord. Gegen seinen Willen und gegen grundlegendes Menschenrecht, ohne das kleinste Verbrechen begangen zu haben. Schlichter Sachverhalt: Freiheitsberaubung. In diesem Fall jedoch waren keine Piraten der Westküste Afrikas im Spiel. Der kleine philippinische Seemann kommt ins „Foyer du Marin“ der Deutschen Seemannsmission in Douala/Kamerun. Er hat alles aufgeschrieben, was ihm widerfahren ist. Sein Schiff, die M/S „Asahi“ war am Morgen des 23. März 2010 im Hafen eingelaufen. Die erste Gelegenheit nutzt er von Bord zu kommen. Behilflich ist ihm ein Kameruner Seemann, um den Weg mit einem Taxi ins Seemannsheim zu finden. Was Seemannspastor Manfred Kühle von Ramon P. hört, lässt ihm die Haare zu Berge stehen: Seit mehr als eineinhalb Jahren ist der Seemann schon an Bord. Vor den Aufenthalten in den letzten fünf Häfen hatte der ebenfalls philippinische Kapitän versucht, Ramon nach Hause zu schicken. Aber über Monate hatte die Reederei dies verweigert. Dabei lief der Vertrag lediglich über neun Monate.
Doch dann platzte dem einfachen Seemann Ramon der Kragen: Sein Vater war einige Tage vor dem Einlaufen in Douala gestorben und sollte am 31. März 2010 nahe Manila beerdigt werden. Der Seemann sah sich in der Verpflichtung der Familie gegenüber, und in seiner Trauer überwand er alle Angst vor der Schifffahrtsgesellschaft und auch möglichen Sanktionen der filipinischen Vermittlungsagentur für Seeleute auf Schiffen westlicher Nationen.
Arbeit für einen Hungerlohn
Dabei hatte er für einen Hungerlohn gearbeitet. Sein monatliches Grundgehalt auf dem europäischen Schiff lag anfangs bei einem Viertel, später dann immer noch nur bei der Hälfte der zwischen der ITF (International Transport Workers Federation) und den Reederverbänden vereinbarten Tarifheuer. Erfahrungsgemäß wird diese auf deutschen Schiffen in der Regel nahezu ausnahmslos auch so ausbezahlt.
Nun war das Maß voll
Das Maß war für den Seemannspastor dann aber richtig voll, als Ramon erzählte, dass ihm von diesem Hungerlohn für seine monatelange Arbeit und all die Überstunden nur 3.360,82 US-Dollar ausbezahlt wurden. Freiheitsberaubung auf See gepaart mit Lohndumping! Alle Regeln der internationalen Seefahrt wurden hier nicht nur verletzt, sondern auch ein schweres Verbrechen gegen die Integrität und die Würde eines Seemannes begangen. Seemann entspann Dich, bestell Dir ein Bier, nimm ein Essen auf Kosten des Hauses und warte ab. Du wirst zur Beerdigung Deines Vaters zu Hause sein. Ein zaghaftes Lächeln zieht kurz über Ramons Gesicht.
Die Vorbereitungen laufen
Es werden die Vorbereitungen getroffen, das Schiff an die Kette zu legen. Der zuständige ITF-Inspektor Edouard Tankwe kann erst um zwei Uhr am Nachmittag eintreffen. Aber nach kurzer Information über den Sachverhalt, führt er das erste Telefonat. Und dann fährt er mit einem Fahrzeug der Seemannsmission in den Hafen, weil er kein eigenes zur Verfügung hat.
Anträge für die Arrestierung
Erste Adresse, der Hafenkapitän. Dessen Vertreter erklärt sich sofort bereit zu handeln und stellt sich auf seine Seite: kein Auslaufen der „Asahi“, ohne dass das Problem des Seemanns gelöst ist. Er nimmt den Arrest sofort auf seine Kappe, ohne Gerichtsbeschluss; aber die Anträge für den Arrest werden ausgefüllt. Nächster Anlauf, die „Asahi“: Information an den Kapitän des Schiffes: „Ihr werdet Douala nicht verlassen, bevor der Seemann nicht seine ausstehende Heuer erhält und sein Heimflugticket in den Händen hat. Ihr habt 14 Stunden um das Problem zu lösen. Sonst wird es sehr teuer für die Reederei.“
Nun geht alles ganz schnell
Am nächsten Morgen kommt dann für alle die erlösende Nachricht. Die griechische Reederei kneift. Sie zahlt den Seemann sofort aus und der Agent bringt ihn am Abend zum Flughafen. Morgens darauf verschwindet dann die „Asahi“ in aller Herrgottsfrühe im Morgengrauen aus Douala, einen Tag vor der Planung. Zurück bleibt die Würde eines Seemanns und das Ende seiner Odyssee und eine kleine Kiste mit kleinen Geschenken des Kapitäns, der sein Bestes versucht hatte. • DSM Douala