DSM Duckdalben
Seemannsherz
Der Club Duckdalben ist Heimat für Seebären – seit 25 Jahren. In Corona-Zeiten brauchen auch starke Männer Unterstützung
Text und Fotos mit freundlicher Genehmigung von Dagmar Garbe
Eine Oase im Hafen. Diese vier Worte beschreiben das kleine rote Backsteinhäuschen inmitten von Schiffen, Kränen und Straßen am besten. Im „Duckdalben“ machen jährlich rund 35.000 Seeleute aus aller Welt fest, genießen für ein paar Stunden Abstand von ihrer harten Arbeit an Bord, den festen Boden unter ihren Füßen und vor allem die familiäre Atmosphäre in dem von der Deutschen Seemannsmission geleiteten Haus. Seit 25 Jahren ist Seemannsdiakonin Anke Wibel mit Herzblut Chefin dieses besonderen Clubs, der mehrfach als bester Seemannsclub der Welt ausgezeichnet worden ist.
Die Corona-Zeiten machen auch vor dem Kultclub nicht halt. „Der Lockdown macht den gewohnten Stop-over der Seeleute, um im Seemannsclub zu entspannen und einzukaufen, unmöglich“, sagt Anke Wibel, Leiterin des DuckdalbenClubs. Damit gerät schon die erste der fünf Säulen der Club Finanzierung ins Wanken. „Das Kalkül, das wir einen Großteil unseres Haushalts aus eigener Kraft durch Verkäufe im Club erwirtschaften, geht nicht mehr auf. Dann kommt hinzu, dass die Schiffsabgaben der Reeder sowie die Spenden angesichts des Abschwungs des Handels spärlicher fließen. Es bleiben die Mittel der öffentlichen Hand und der Kirche. Was wir jetzt brauchen, sind Spenden, um nach der vorläufigen Schließung wie gewohnt wieder loszulegen. Wir müssen die Ausfälle irgendwie decken“, sagt Jan Oltmanns, Duckdalben-Club-Leiter seit der Gründung 1986.
So eng war es noch nie mit Blick auf die Finanzierung, die Mitarbeitenden und die Arbeit. Wir bieten momentan so etwas wie Duck-to-go, einen mobilen Seemannsclub: „Wir stehen auf Abruf bereit“, sagt Clubchef Oltmanns, „um die Seeleute aus der Distanz an der Gangway mit dem zu versorgen, was sie benötigen. Das sind Aufladekarten für Handys, Vitamin C-Brausetabletten, Zahncreme, Duschgel, Haarshampoo oder Schokolade und ChicharrónKnabberchips.“ Doch es geht nicht nur um Konsum, sondern auch um die alltägliche Kommunikation und den seelischen Zuspruch. Die fehlen. „Doch immerhin zaubert unser Duckto-go bei vielen Seeleuten ein Lächeln aufs Gesicht. Selbst die Corona-Schutzmaske kann das nicht verbergen.“
Freitagnachmittag kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Im Duckdalben spielen zwei Seemänner aus den Philippinen Billard – viele andere skypen oder lesen, trinken Tee oder decken sich mit Schokolade für die Weiterfahrt ein. „Wir verkaufen eine Tonne Schokolade im Jahr“, erzählt Anke Wibel, die bei ihrer Arbeit von insgesamt 16 Hauptamtlichen, rund 100 Ehrenamtlern und acht jungen Menschen vom Bundesfreiwilligendienst unterstützt wird. Und Dienstkatze Milli nicht zu vergessen: Sie hat auch schon den einen oder anderen Seemann getröstet.
Kiosk Duckdalben für rund 90 internationale Seeleute pro Tag: „Doch immerhin zaubert unser ,Duck-to-go’ bei der kontaktlosen Übergabe an der Gangway bei vielen ein Lächeln aufs Gesicht. Das kann auch die Corona-Schutzmaske nicht verbergen.“Seinen Namen hat der Club von den Pfählen, den Duckdalben, die allein oder in Gruppen in den Schlick des Hafens gerammt werden, um Schiffen auch abseits der Kaianlagen die Möglichkeit zum Festmachen zu geben. Freiwillige Helfer organisieren den Fahrdienst von den Schiffen zum Club, helfen in der Küche oder in dem kleinen Shop, in dem es neben Schokolade auch Souvenirs oder Dinge für den täglichen Bedarf zu kaufen gibt. Oder sie sind einfach Ansprechpartner für die Nöte und Sorgen der ca. 90 internationalen Seeleute, die hier täglich zwischen 10.00 und 22.30 Uhr vor Anker gehen. Die meisten der Gäste sind so dankbar für die persönliche Betreuung fern der Heimat, dass sie mit kleinen Geschenken beim nächsten Anlauf ihres Schiffes wiederkommen. Selbstgemalte Bilder, Rettungsringe, Fotos, Schiffsmodelle und vieles, vieles mehr zieren Wände und Vitrinen. „Wir sind inzwischen auch ein maritimes Museum der besonderen Art“, lacht Anke Wibel.
Das wichtigste im Duckdalben, so Wibel, sei der Billardtisch. „Er ist das Symbol schlechthin für festen Boden unter den Füßen“, so die Chefin. Sehr gut frequentiert ist auch der Karaoke-Raum, den besonders die Asiaten lieben, und der „Raum der Stille“, in dem alle großen Weltreligionen ihren Platz haben. „Seeleute können kaum etwas mitnehmen an Bord – außer ihren Gott“, sagt Wibel. Sie hat hier nur Respekt einander gegenüber erlebt, kaum Streit. Und wenn doch einmal, dann nicht wegen der Religion, sondern weil einer über den Durst getrunken wurde.
Der Club ist inzwischen über den Hafen hinaus bekannt und das ist auch für Spenden in Corona-Zeiten wichtig: Ein Drittel des Etats von rund 900.000 Euro pro Jahr müssen durch Spenden aufgebracht werden. Und das ist eine Menge Geld für diese einzigartige und sinnvolle Einrichtung.